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Mitschrift zum Vortrag: Künstliche Intelligenz

Am 9. Oktober 2019 fand an der Hochschule Zittau/Görlitz die Eröffnung des Wissenschaftsjahres 2019/20 unter dem Titel “Mensch, Maschine!” zum Thema Künstliche Intelligenz statt. Ich hörte eine Reihe von interessanten Vorträgen, die mir neue Blickwinkel und Denkanstöße geliefert haben. Einige Stichworte und Äußerungen habe ich mir aufgeschrieben und nachrecherchiert und dabei haben sich mir neue Forschungsgebiete erschlossen, die sich mittlerweile im Ökosystem der Künstlichen Intelligenz angesiedelt haben. Einen Überblick darüber möchte ich im Folgenden geben.
 

Aktuelle Trends

Prof. Jörg Lässig begann seine Einführung mit dem Zitat

“Software Ate The World, Now AI Is Eating Software”

“Software eats the world” bedeutet: immer mehr Produkte oder Tätigkeiten werden in den digitalen Bereich verlagert. Zum Beispiel gibt es den Online-Buchhandel, der viele Buchläden vor Ort ersetzt. Sogar die Bücher selbst werden durch e-Books ersetzt. Diese Entwicklungsphase wird dem Zeitraum 2009-2019 zugeordnet.

Für den Zeitraum 2019-2030 wird eine zweite Entwicklungsphase beobachtet bzw. prognostiziert: “AI eats the software”. Gemeint ist damit, dass die Künstliche Intelligenz mittlerweile viele Bereiche des Software-Entwicklungsprozesses vereinfachen bzw. automatisieren kann. Ein Beispiel ist von künstlicher Intelligenz gesteuerte Code-Generierung. Damit lassen sich u.a. Skizzen und Wireframes in Quellcode übersetzen.

Das Zitat kann auch auf eine andere Weise interpretiert werden: Mit künstlicher Intelligenz können in einigen Fällen sehr komplexe Prozesse gesteuert und überwacht werden (z.B. Produktionsprozesse). Damit entfällt die Notwendigkeit, komplizierte Softwarewerkzeuge und Benutzeroberflächen zu erschaffen, die von einem menschlichen Experten bedient werden müssen. Die Schnittstelle zwischen Software und Mensch kann auf ein Minimum reduziert werden und wird hauptsächlich bei speziellen Ereignissen benötigt, die menschliches Eingreifen erforderlich machen. Anstelle einer komplexen Benutzeroberfläche reicht im Extremfall sogar eine Sprachsteuerung oder eine Chat-Schnittstelle aus, um die Interaktion mit der KI durchzuführen.

Passende Artikel:

Artikel bei forbes.com: Software Ate The World, Now AI Is Eating Software

Artikel bei medium.com: AI is Eating Software

Prof. Lässig zeigte auch den Gartner Hype Cycle for Emerging Technologies, 2019, eine Übersicht über aufstrebende Technologien mit großem Einfluss auf Wirtschaft, Gesellschaft und Menschen. Fünf Schlüsseltrends wurden identifiziert: Sensorik und Mobilität, Augmentierter Mensch, Postklassisches Computing und Kommunikation, Digitale Ökosysteme sowie Erweiterte KI und Analytics. Ihre Bedeutung wird in einem Artikel der Computerwoche einfach und bündig zusammengefasst. Es fällt auf, dass alle genannten Themen im Spektrum der Künstlichen Intelligenz liegen.

Der Begriff des “digitalen Ökosystems” war mir nicht auf Anhieb geläufig. Anschauliche Erklärungen habe ich bei der Börsen-Zeitung und im Handelsblatt gefunden. Im Wesentlichen handelt es sich um eine Kooperation verschiedener Software- oder Internetdienstanbieter, die ihre Angebote über digitale Schnittstellen miteinander kombinieren, um einen Mehrwert für den Kunden zu schaffen. Künstliche Intelligenz kann diese Dienste bereichern, wenn z.B. Daten analysiert werden, um für den Kunden Prognosen, Empfehlungen und Schlussfolgerungen zu ermitteln.
 

Schwächen der KI, Algorithmenethik

In den Beiträgen von Prof. Ringwelski und Sven Löffler wurde deutlich, dass Künstliche Intelligenz, insbesondere Maschinelles Lernen oder Constraint Programmierung, im Prinzip auf einfache mathematische Gleichungen und Algorithmen zurückgeführt werden kann. Es stecken weder Magie noch Science Fiction dahinter ;-). Letztendlich gibt es keine “Künstliche Intelligenz” per se, sondern unter dem Begriff vereinen sich bestimmte, in ihrer Grundform zum Teil seit Jahrzehnten existierende Lern-, Such- und Optimierungsalgorithmen. Erst in den letzten Jahren konnte ein breiter Nutzen aus ihnen gezogen werden, weil sich die Technologien zum Sammeln und Speichern großer Datenmengen weiterentwickelt haben und demzufolge genügend “Futter” in Form von relevanten Test- und Trainingsdaten für die Algorithmen bereitsteht (Stichwort “Big Data”). Die Abhängigkeiten und das Zusammenspiel zwischen KI und Big Data wurde bei ComputerWeekly.de treffend formuliert:

“Gleichzeitig ermöglicht es Big Data, dass KI ihr volles Potenzial ausschöpfen kann. Künstliche Intelligenz hat relativ wenig Fortschritte gemacht, zum Teil aufgrund des Mangels an Technologien, um mit massiven Datenmengen umgehen zu können.

Infolgedessen haben sich mit der zunehmenden Verfügbarkeit und Handhabbarkeit großer Datenmengen auch die KI-Technologien weiterentwickelt. Tatsächlich erweist sich Big Data als der größte einzelne Einfluss auf den bevorstehenden Anstieg der KI.”

KI beeindruckt momentan viele Menschen durch die Fähigkeit, große Datenmengen nutzbringend zu verarbeiten – und das mit einer Geschwindigkeit, die für Menschen absolut unmöglich ist. Daraus darf aber nicht der Schluss gezogen werden, dass die Programme intelligenter sind als der Mensch. Die Referenten bei der Eröffnung des Wissenschaftsjahres haben zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht glauben, dass einige der Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz bereits in den nächsten Jahren gelöst werden. Dazu gehören z.B. eine perfekte automatische Sprachübersetzung oder das automatische Erkennen bestimmter menschlicher Ausdrucksweisen wie Ironie oder Humor. Künstliche Intelligenz ist in vielen Bereichen noch lange nicht der menschlichen Intelligenz ebenbürtig und kann menschliche Intelligenz noch lange nicht ersetzen.

Im Folgenden möchte ich einige Gründe dafür nennen. Sehen wir uns dazu die Definition von Künstlicher Intelligenz an:

“Künstliche Intelligenz liegt dann vor, wenn Maschinen Dinge tun, für deren Ausführung man beim Menschen Intelligenz unterstellt.”

Die Definition beschreibt lediglich, welche Art von Ergebnissen eine Maschine liefern soll. Sie stellt keinerlei Ansprüche daran, wie die Maschine vorgehen soll, um das Ergebnis zu ermitteln. Die Vorgehensweise der Maschine muss also nicht mit menschlichen Denkprozessen vergleichbar sein. Ein Blick auf diese internen Vorgehensweisen, auf die Algorithmen, offenbart dementsprechend auch die Schwächen und Einschränkungen der “Künstlichen Intelligenz”:

  • Bestimmte KI-Methoden wie z.B. maschinelles Lernen, basieren auf einem Satz mathematischer Gleichungen. Im Rahmen einer Trainingsphase werden die Koeffizientengewichte in diesen Gleichungen Schritt für Schritt angepasst. Das Training ist in der Regel dann abgeschlossen, wenn der Algorithmus die Eingangsdaten (z.B. Kamerabilder) korrekt klassifizieren kann (z.B. Erkennung von Verkehrsschildern in den Kamerabildern). Solche Algorithmen liefern allerdings keine für Menschen verständliche Erklärung, warum ein bestimmtes Eingabeobjekt auf eine bestimmte Weise klassifiziert wurde – es gibt z.B. keine logisch nachvollziehbare Kette von Schlussfolgerungen. Es wird mittlerweile als Gefahr angesehen, solche Black-Box-Algorithmen einzusetzen, um Menschen zu klassifizieren, z.B. als kreditwürdig, versicherungswürdig, behandlungswürdig oder potenziell straffällig. Die Algorithmen können nicht überprüft oder hinterfragt werden. Somit gibt es keine Handhabe, um eine Diskriminierung von Menschen durch KI zu verhindern. Die Verbesserung der Transparenz zählt zu den aktuell größten Herausforderungen der KI. Die Prinzipien der Diskriminierungsfreiheit und der Transparenz gehören übrigens zu den sechs Ethik-Prinzipien für KI, die Microsoft aufgestellt hat.
  • Algorithmen in der oben beschriebenen Kategorie sind nur so gut wie die Eingabedaten, mit denen sie trainiert wurden. Ein Algorithmus kann nicht auf neue und unbekannte Situationen reagieren, wenn sich die neuen Daten zu stark von den Trainingsdaten unterscheiden. Im Gegensatz zum Menschen fehlen der KI breit gefächerte Erfahrungen über die Umwelt, Naturgesetze, technische Zusammenhänge und Ursache- und Wirkungbeziehungen aller Art. Dieses Wissen sammelt der Mensch ab seiner Geburt und bildet die Basis für sein Urteilsvermögen. Aufgrund dieser Defizite kann im Allgemeinen die Zuverlässigkeit von KI nicht in jedem Fall garantiert werden. Sie ist daher ein weiterer wichtiger Forschungsgegenstand und gehört ebenfalls zu den Ethik-Prinzipien.

Die Notwendigkeit, sich bei einem wachsenden Einfluss von Algorithmen mit den Themen der Diskriminierungsfreiheit, Transparenz und Zuverlässigkeit zu beschäftigen, lässt gerade das neue Forschungsgebiet der Algorithmenethik aufkommen. Auf diesem Gebiet werden die oben genannten KI-Herausforderungen sowie weitere spannende Fragestellungen erforscht.

Ich bin auf jeden Fall gespannt, ob und mit welchen Mitteln die Herausforderungen der KI in Zukunft gemeistert werden und wie sich die Technologien weiterentwickeln werden.

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